Bloggerin Denise, 26 Jahre alt, aus Düsseldorf, ist als digitale Nomadin unterwegs, was bedeutet, dass sie von ihrem Laptop aus arbeitet und nebenbei die Welt bereist. Von ihren Erlebnissen und dem Reisen mit der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose handelt ihr erstes Buch.

Denise Yahrling

Foto-Credits: Katharina Perlbach

 

 

Liebe Denise, in deinem Blog „Travelous Mind – Lebe achtsam. Liebe tief. Reise mit offenem Herzen.“ geht es um das Reisen mit chronischer Erkrankung und das Verwirklichen von Träumen. Wie ist die Idee für diesen Blog entstanden?

Der Wunsch entstand auf meiner ersten Soloreise durch Spanien und Portugal vor einigen Jahren. Ich hatte den starken Drang, meine Erlebnisse aufzuschreiben und anderen Menschen zu zeigen, wie schön diese Welt ist und dass es sich lohnt, jeden Moment im Leben auszukosten. Mein Ziel ist es, andere zu inspirieren, ihren eigenen Weg zu gehen und so viel wie möglich aus ihrem Leben zu machen. Seit meiner Geburt habe ich Mukoviszidose, eine Stoffwechselerkrankung, die sich auf die Lunge auswirkt. Ich wurde immer wieder von Lesern und anderen Betroffenen gefragt, wie ich es schaffe, mit dieser Erkrankung so viel zu reisen. Darum habe ich mich entschieden, auch diese Erfahrungen auf meinem Blog zu teilen.

Du bist viel auf Reisen und verdienst auch dein Geld von unterwegs. Was hast du vorher gemacht?

Ich habe mich schon immer sehr für Fotografie interessiert und habe nebenbei Fotos im Bereich American Football für die deutsche Nationalmannschaft gemacht. Ich wollte dieser Leidenschaft nachgehen und habe eine Ausbildung zur Mediengestalterin begonnen. Leider lief es nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich habe 60 Stunden in der Woche gearbeitet für 300 Euro Gehalt im Monat. Dazu hatte ich einen Vorgesetzten, der all meine Kreativität abschöpfte. Irgendwann merkte ich, dass mir das Fotografieren und meine Arbeit überhaupt keinen Spaß mehr machten. Von einem Moment auf den anderen habe ich dann den Entschluss gefasst, mich selbstständig zu machen – als Videografin und Cutterin. 

Und wie bist du zur digitalen Nomadin geworden? Was war dein erster Job?

Nach dem Abbruch meiner Ausbildung habe ich auf einer Reise nach Spanien Stopp in einem Surf-Camp gemacht. Dort kam mir die Idee für eine Surf-Doku, die sich super für die Website des Camps eignen könnte. Ich sprach den Inhaber an und der war sofort begeistert. Die Reaktionen auf meine Doku waren sehr positiv. Damit war für mich der Grundstein gelegt, das Arbeiten mit dem Reisen verbinden zu können. Ich hatte von Anfang an überwiegend freie Projekte, habe mit vielen Menschen gesprochen und mir so ein Netzwerk aufgebaut. Zusätzlich habe ich eine 400-Euro-Stelle als Host in einem Co-Working-Space in Düsseldorf angenommen. Das sind Büros, in denen sich Freiberufler treffen, Schreibtisch und Internet nutzen und sich miteinander austauschen und vernetzen können. Auf diese Weise hat sich schnell herumgesprochen, dass ich Fotos und Videografie mache, und es haben sich Leute bei mir gemeldet, die zum Beispiel Unterstützung für ihre Websites benötigten. Zusätzlich habe ich auch noch einen Job als Blog-Assistentin. Ich kümmere mich um Fotos für die Website einer anderen Bloggerin.

Konntest du denn gleich auf Reisen gehen und arbeiten?

Nein. Ende 2015 habe ich mich als Videografin selbstständig gemacht. Erst circa ein Jahr später hatte ich mir einen ausreichend großen Kundenstamm aufgebaut, um mein Geld auch während des Reisens verdienen zu können. Drei Monate in Marokko waren dann meine erfolgreiche Probezeit als digitale Nomadin.

Auf deinen Reisen triffst du die unterschiedlichsten Menschen. Gab es ein besonders inspirierendes Erlebnis? Was hat es mit dir gemacht?

Ja, da kommt mir tatsächlich gleich ein besonderer Mensch in den Sinn. Ich war mit meinem Freund in Marokko, in einem relativ kleinen Ort am Meer, einem Fischerdorf. Dort sind wir einem lieben älteren Herrn, einem Schuster, begegnet, der sechs Sprachen sprach, unter anderem auch Deutsch. Wir sind ins Gespräch gekommen und haben ihn dann in unregelmäßigen Abständen besucht, um uns mit ihm zu unterhalten und dabei den für Marokko typischen starken Tee zu trinken. An meinem Geburtstag im Februar bin ich mit meinem Freund in die Berge gefahren. Der Schuster hat mich extra angerufen, um mir zu gratulieren! Und als wir ihn nach unserer Rückkehr besuchten, hat er mir ein selbst gemachtes Portemonnaie geschenkt und meinen Namen auf Arabisch eingestickt. Diese Geste hat mich stark berührt. Dass Menschen, die überhaupt nicht in Fülle leben – Marokko ist ein armes Land – sich die Mühe machen, Fremde auf diese Art und Weise glücklich zu machen! Dieses Erlebnis hat mich nachhaltig geprägt und mich daran erinnert, was im Leben wichtig ist, nämlich vor allem Dinge, die man nicht mit Geld kaufen kann.

Welche Herausforderungen ergeben sich durch deine Krankheit für deine Reisen?

Mukoviszidose schränkt die Lungenfunktion ein. Ich selbst besitze nur 40 bis 50 Prozent der Lungenfunktion eines gesunden Menschen. Für meine Reisen muss ich daher eine Menge Medikamente einpacken. Wenn ich länger unterwegs bin, kann das schon mal ein ganzer Koffer sein. Vor Ort, gerade in Ländern, in denen nicht europäische Hygienestandards herrschen, muss ich besonders auf mich achten, damit ich mir keine Keime einfange. Denn wenn ich mir zum Beispiel eine Erkältung zuziehe, verstärkt sich der Husten, den ich durch meine Grunderkrankung dauerhaft habe, noch mal stark. Ich habe für Notfälle immer ein spezielles Antibiotikum bei mir, das ich dann einnehmen kann.

Bist du denn beim Reisen schon mal an deine Grenzen gekommen?

Ja, tatsächlich musste ich in Kroatien meinen Aufenthalt abbrechen, um nach Hause zu fliegen. Ich hatte mir zunächst eine Erkältung und dann noch einen zweiten Infekt eingefangen. Mein Husten wurde so schlimm, dass ich für mich selbst die Verantwortung übernehmen musste, nach Hause zu fliegen. Ich habe mich dann einer Antibiotika-Kur unterzogen, und als es mir besser ging, habe ich meinen Trip fortgesetzt.

Du hast dein erstes Buch veröffentlicht: „Das Leben passiert für dich – Mit Mukoviszidose und Rucksack um die Welt“. Was war dein Antrieb, dieses Buch zu schreiben? 

Die Idee, ein Buch zu schreiben, kam mir ziemlich früh. Als Jugendliche habe ich mich viel mit meiner Krankheit auseinandergesetzt und auch Bücher von anderen Betroffenen gelesen. Mir hat immer ein Buch gefehlt, das mir wirklich Mut macht für mein Leben mit Mukoviszidose. Damals habe ich mir vorgenommen, selbst diejenige zu sein, die solch ein Buch verfasst.

Als ich dann dieses Jahr in Marokko war, saß ich eines Tages am Strand, blickte auf das Meer und hörte dabei einen Podcast – ein Hobby von mir. Irgendwann hörte ich den Satz „Wenn es das Buch ist, das du schon immer mal schreiben wolltest …“. Von da an war dieser Satz in meinem Kopf und er wollte nicht mehr verschwinden. Ich fing an, mir gedanklich Notizen zu machen, und dann ging es nur noch darum, diese zu Papier zu bringen.

Worum geht es in deinem Buch und wen willst du erreichen?

Es geht um meine Leidenschaft für das Reisen und meine Reise zu mir selbst. Und darum, den Menschen zu zeigen, dass ein selbstbestimmtes, authentisches Leben auch mit einer chronischen Erkrankung möglich ist. Darum, sich nicht als das Opfer seines Schicksals zu sehen und damit zu hadern, warum es einen selbst getroffen hat. Sondern sich zu fragen, welchen Sinn diese Erkrankung haben und was man daraus lernen kann. Ich möchte auch Mut machen: Wenn du etwas wirklich willst, gibt es immer einen Weg, dein Ziel zu erreichen.

Diese Einstellung, deine Krankheit positiv zu sehen, wie bist du dazu gekommen? 

Das war sicher ein Prozess. Viel habe ich auch meinen Eltern zu verdanken, die mich von klein auf bestärkt haben, immer das Positive zu sehen, und mir immer vermittelt haben, dass ich trotz meiner Krankheit alles schaffen kann, was ich mir vornehme. Wirklich verstanden, welchen Sinn Mukoviszidose in meinem Leben hat, habe ich tatsächlich erst, als ich meine Geschichte aufgeschrieben habe. Plötzlich fügte sich alles zusammen. Entscheidungen, die ich getroffen habe, und was ich daraus gelernt habe.

Was rätst du anderen, die ebenfalls an einem Wendepunkt im Leben stehen und ihren Traum verwirklichen wollen?

Ich denke, zunächst sollte man wirklich einmal in sich gehen und sich – Stichwort „Selbstfindung“ – fragen, was man in seinem Leben möchte und was einem wirklich wichtig ist. Mir hat dabei die Frage geholfen: „Wie soll mein perfekter Tag aussehen?“. Wenn diese Frage beantwortet ist, macht man sich einen Plan, der zwar gut durchdacht, aber nicht perfekt sein muss. Und dann legt man einfach los.

Eine Frage zum Schluss: Was bedeutet für dich „selbstbestimmt leben“?

Darüber muss ich kurz nachdenken. Zunächst ist „selbstbestimmt leben“ für mich das Gegenteil von „fremdbestimmt sein“. Ich habe mir mit dem digitalen Nomadentum den Rahmen für ein freies und authentisches Leben geschaffen. Was nicht heißen muss, dass ich unbedingt ständig reise, sondern es bedeutet ein Grundgerüst für mehr Freiheit und mehr Verantwortung für mich selbst. Ich kann mir meine Zeit frei einteilen und kann dort sein, wo ich gerade sein möchte. Den Großteil meines Buchs habe ich zum Beispiel im Haus meiner Oma geschrieben. Meine Entscheidung von damals ermöglicht es mir heute, neben dem Reisen auch mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen, also mehr Zeit für das wirklich Wichtige im Leben.

Hier geht es zum Blog von Denise.

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